Von Barbara Uihlein und Hendrik Schäfe
Ob Unternehmenskultur, Personalentwicklung oder Change Management — über Werte zu sprechen, gehört in den verschiedenen Bereichen zum guten Ton. Zeit, sie einmal näher zu betrachten und zu hinterfragen, was Werte eigentlich sind und warum es gerade in der heutigen Zeit Sinn macht, sich hiermit zu beschäftigen.
Werte können als persönliche Einstellungen, individuell geprägte Wahrheiten, Leuchttürme oder Leitsterne, Weltbilder oder wirksame Grundsätze beschrieben werden, die unsere individuelle Art des Fühlens, Denkens und Handelns beeinflussen. Es sind tiefe Wünsche, wie wir uns verhalten wollen. Bei Werten geht es nicht darum, was wir bekommen oder erreichen wollen, sondern vielmehr darum, wie wir auf Dauer handeln wollen. Es gibt Hunderte verschiedene Werte, wobei diese weder „richtig“ noch „falsch“ sein können — wir haben sie einfach und sie verändern sich im Laufe unseres Lebens.
Wenn individuelle Personen, Teams oder Unternehmen ihre Werte definieren, können sie diese als inneren Kompass oder Leitplanken für alltägliche Entscheidungen nutzen um die Arbeit bedeutsamer und bereichernder werden zu lassen. Auch für Karriereentscheidungen oder zur Berufsfindung sind sie dienlich. Denn wenn wir uns nicht entscheiden, wohin wir gehen, enden wir zwangsläufig dort, wohin uns der Zufall steuert.
Werte mit einer hohen Bedeutung bewirken eine hohe Motivation, wirken als treibende Kraft. Gleichzeitig sind sie eng mit Lebensqualität verbunden. Können wir unsere Werte beruflich und privat leben, gibt uns dies ein Gefühl von Sinnhaftigkeit und Zufriedenheit. Das Verletzen oder Nichtbeachten von inneren Werten — durch uns selbst oder durch andere — führt hingegen zu Ärger und Frustration, Unruhe und Stresssymptomen, zu sinkender Motivation und schlussendlich zu Resignation und ggf. zu einer Kündigung.
Ein Mitarbeiter, dessen Werte „Abenteuer und Freiheit“ eine hohe Bedeutung haben, wird sich begeistern können für Aufgaben, die ihm großem Spielraum lassen, bei welchen er auf Veränderungen reagieren muss und innovativ und kreativ sein darf. Den Kollegen mit den Werten „Sicherheit und Ordnung“ würde dies vermutlich vor große Herausforderungen stellen, bevorzugt er doch eher klare Vorgaben, Routine und Regeln.
Und woher weiß ich, was meine Werte sind? Zugang zu Werten erhalten wir beispielsweise über einfache Überlegungen wann wir stolz auf uns waren, uns respektiert haben, in welchen Situationen wir besonders zufrieden sind. Aber auch Stresssituationen, Unangenehmes oder das Gefühl des Bedauerns sind gute Ratgeber — sie zeigen was uns fehlt bzw. was in dieser Situation wichtig gewesen wäre oder welcher Wert verletzt wurde. Unsere systemischen Coaches helfen Klienten dabei, ihren Wertelisten und -Hierarchien methodisch auf den Grund zu gehen.
Für das agile, selbstorganisierte bzw. empowerte Arbeiten wird vorausgesetzt, dass das Team vereinbarte Ziele auch tatsächlich einhalten will. Es setzt alles daran, Deadlines einzuhalten und das bestmögliche Ergebnis im Sinne der Anforderungen zu erarbeiten. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die Motivation der Teammitglieder. Wie aber kann ich mein Team motivieren, wenn ich ihnen keine Belohnung z.B. in Form eines höheren Gehalts anbieten kann? Hier kommt das viel zitierte Zauberwort intrinsische Motivation ins Spiel.
Ganz klassisch können Anreize von außen motivieren: Alle Formen von Incentives wie finanzielle Belohnung, die Aussicht auf Beförderung, Status und Anerkennung oder aber auch im negativen Sinne die Furcht vor Kündigung. Mitarbeiter, die auf diese Art angetrieben sind, sind extrinsisch motiviert.
Von intrinsischer Motivation hingegen sprechen wir, wenn man eine Aufgabe um ihrer selbst willen tut, nicht aber, weil man sich dadurch einen bestimmten Vorteil verspricht oder einen bestimmten Nachteil vermeidet. Intrinsisch motiviert sein heißt, einer Sache intensiv nachzugehen, weil man Spaß oder großes Interesse an ihr hat. Man „brennt“ gewissermaßen dafür, ähnlich wie man es von Hobbies kennt. Wer intrinsisch motiviert ist, zeigt vermehrt Flexibilität im Denken, höhere Kreativität und Lernleistungen sowie eine positive emotionale Befindlichkeit. Doch das ist noch lange nicht alles: intrinsisch motivierte Mitarbeiter handeln selbstbestimmter und freier, sie beschäftigen sich auch anderweitig mit dem Thema, da es eng mit persönlicher Selbstverwirklichung verbunden ist. Es tritt vermehrt ein Flow-Erleben auf und ihre Zufriedenheit steigt.
Die Arbeit mit Werten kann hier einen entscheidenden Mehrwert liefern. Unternehmen sollten versuchen, ihre Mitarbeiter so einzusetzen, dass sie im Einklang mit ihren Werten arbeiten. Damit ist ein großer Schritt zu intrinsisch motivierten Mitarbeitern schon gemacht. Hierzu ist es allerdings notwendig, sich intensiv mit den Werten seiner Mitarbeiter zu beschäftigen. Häufig werden Unternehmenswerte durch die Führungsebene festgelegt.
“Unsere Werte sind ab jetzt Transparenz, Ehrlichkeit und Wertschätzung!”
Was auf den ersten Blick nach einer guten Idee aussieht, entpuppt sich leider oft als zu kurz gesprungen. Denn was verstehen Mitarbeiter unter Transparenz, Ehrlichkeit und Wertschätzung? Was erwarten sie im Bezug auf diese Werte von ihren Kollegen und Führungskräften? Es werden unbekannte Begehrlichkeiten geweckt, die durch Nicht-Erfüllung zu Frustration und Sarkasmus bei Mitarbeitern führen.
Mit unseren Kunden gehen wir daher in einen intensiven Wertedialog auf allen Ebenen des Unternehmens, um einen Konsens zum Werteverständnis sicherzustellen. Umso besser Führungskräfte wissen, was die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter sind, desto besser können sie sie im Einklang mit diesen einsetzen.
Weiterführend kann dieser Wertedialog in eine Kulturentwicklung eingebettet werden. Die Idee ist, die Mitarbeiter zu Beteiligten zu machen und sie somit in die Lage zu versetzen, selbst auf die Kultur einzuwirken, in der sie tätig sind.
Mehr hierzu in unseren Beiträgen mit interessanten Projektbeispielen T.A.L.K. oder „Wir müssen reden“ , Kulturwandel mit Kollaborations-Labs.